Raus aus der Falle
Suchtprobleme entwickeln sich zumeist schleichend. Die Betroffenen verhalten sich zunehmend selbstsüchtig, verantwortungslos und aggressiv. Angehörige verhalten sich gewöhnlich komplementär, um die Probleme zu bewältigen und die Defizite auszugleichen, also: selbstlos, verantwortungsbewusst und freundlich. Nicht selten helfen die Angehörigen mit ihrer Unterstützung den Betroffenen erfolgreich, die Suchtprobleme zu überwinden.
Problematisch wird die Angelegenheit, wenn die Suchtbetroffenen uneinsichtig sind und die Sucht chronifiziert. In diesem Fall laufen die Hilfebemühungen der Angehörigen ins Leere. Wenn sie trotz der Erfolglosigkeit ihrer Bemühungen daran festhalten, dem Suchtkranken helfen zu wollen, ihr Engagement sogar steigern, verfestigt sich mit der Zeit ein Teufelskreis aus uneinsichtigem Konsum und wirkungsloser Hilfe. Die Angehörigen sitzen in der co-abhängigen Falle fest und entwickeln selbst psychische Probleme. Die Angehörigen entwickeln starre Erlebens- und Verhaltensmuster der Verantwortungsübernahme und Selbstaufopferung. Die Suchtkranken unterliegen dem Zwang zum Konsum, die Angehörigen dem Zwang zu helfen. Das Fachwort für solche scheinbar unausweichlichen Muster heißt Schema.
Nachstehend werden Ihnen neun typische co-abhängige Schemata bzw. Fallen vorgestellt. Diese sind in Vorbereitung und während der Durchführung eines Workshops mit Eltern suchtkranker, erwachsener Söhne und Töchter in 2023 entstanden. Sie ähneln nicht zufällig den Schemata, die Flassbeck & Barth 2020 im Fachbuch "Die langen Schatten der Sucht" beschreiben. Die Muster betreffen alle Personen, die sich in der Unterstützung eines uneinsichtigen Suchtkranken verrannt haben: Kinder, Partner, Eltern, Geschwister, Freunde, Kollegen, Seelsorger, engagierte Menschen der Selbsthilfe und auch professionelle Suchthelfer.
Hilfe zur Selbsthilfe ist am besten. Ein wenig Solidarität und Beistand von Familie und Freunden oder auch der Besuch einer Selbsthilfegruppe tun ebenfalls gut. Aus echten Fallen können wir uns befreien und wir können in Zukunft einen Bogen drumherum machen, doch emotionale und zwischenmenschliche Fallen können wir nicht hinter uns lassen. Die helfenden Verhaltensweisen sind im Prinzip sogar erwünscht. Doch wir können die Einseitigkeit und Zwangsläufigkeit der Muster abmildern, indem wir bewusst gegensteuern, Abstand nehmen und Dinge ausschließlich für uns tun. Es geht darum, dass Sie Ihr Gleichgewicht zwischen Hilfe für den Suchtkranken und der Selbstfürsorge wiederherstellen.
Ich möchte Ihnen im Folgenden keine Antworten geben, vielmehr Sie ermutigen und anregen, für sich aktiv zu werden und sich auszuprobieren. Es ist Ihr alleiniges Recht, eigene Antworten zu suchen, was in Ihrer Situation hilfreich ist. Gutes Gelingen dabei, Ihr Leben zurückzuerobern! Falls Sie es nicht aus eigener Kraft oder mit Hilfe nahestehender Personen schaffen, Ihr Gleichgewicht wiederzufinden, in diesem Fall können Sie eine Psychotherapie in Betracht ziehen.
Ein Selbsteinschätzungsboden zu den ersten acht Fallen können Sie sich herunterladen: » Bogen.